Anders als die griechische Endung -itis vermuten lässt, handelt es sich bei Retinitis pigmentosa (RP) nicht um eine Entzündung, sondern eine Gruppe von erblichen Augenerkrankungen, die zu einer Degeneration der Netzhautzellen, den sogenannten Fotorezeptoren, führen. Diese befinden sich an der Innenseite des Augapfels und sind für das Sehen verantwortlich. In Deutschland sind 30.000 bis 40.000 Menschen von dieser Erkrankung betroffen. Unbehandelt kommt es über einen Zeitraum von vielen Jahren bis hin zu Jahrzehnten zu einem schleichenden Abbau der Sehkraft. Die Betroffenen bemerken zuerst Schwierigkeiten, sich in der Dämmerung zurechtzufinden. Da die äusseren Fotorezeptoren, die Stäbchen, zuerst betroffen sind, kommt es zu einer Einengung des Sehfeldes: der Tunnelblick. Dadurch ist die Orientierung im Raum eingeschränkt. Lesen ist hingegen über die verbleibende Sehkraft im Zentrum noch längere Zeit möglich. Ebenfalls charakteristisch: Farbenblindheit und eine erhöhte Lichtempfindlichkeit.
Netzhautdegeneration: Gene im Fokus
Die Frage vieler Betroffener ist: Werden meine Kinder ebenfalls erkranken? Hier gibt es keine Pauschalantwort. Mittlerweile wurden über 50 Gene identifiziert, die für die Vererbung der RP verantwortlich gemacht werden. Zudem gibt es verschiedene Vererbungsformen, die auch einen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung haben. Deshalb kann im individuellen Fall nur eine genaue Gendiagnostik eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit der Vererbung an die Nachkommen machen. Ist nur ein Elternteil betroffen, ist das Risiko in der Regel bei unter 50 Prozent einzuordnen.
Forschung und Innovationen
Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine Heilung nicht möglich. Einigen Behandlungsformen wird nachgesagt, dass sie den Verlauf der Erkrankung verlangsam können. Dazu zählt die Einnahme von Vitamin A sowie von bestimmten Wachstumsfaktoren. Die Studienlage dazu ist jedoch dünn und der Nutzen dieser Therapien wird kontrovers diskutiert. Interessanter sind die Entwicklungen im Bereich der Molekulargenetik und der Neuroprothesen. Mit der Gentherapie können defekte Genabschnitte durch gesunde ersetzt werden. Diese „Genchirurgie“ der RP ist momentan noch Gegenstand der Forschung. Bereits im Einsatz sind hingegen Retina-Implantate. Diese ersetzen die defekten Fotorezeptoren und wandeln Licht in elektrische Impulse um. Die dadurch generierten Informationen werden dann über den Sehnerv an das optische Zentrum im Gehirn weitergeleitet: ein wahrer Lichtblick in der Behandlung degenerativer Netzhauterkrankungen.